Gehörlos oder schwerhörig und dann ein Erasmus+ Praktikum im Ausland?
Geht das denn? – Aber sicher!

Drei Auszubildende des Rheinisch-Westfälischen Berufskolleg für Hörgeschädigte haben es bewiesen:

Elaine, gehörlos, in der Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement hat ihr Auslandspraktikum für 4 Wochen in Örebro in Schweden gemacht.

Johanna in der Ausbildung zur Konditorin und Lejla in der Ausbildung als Kauffrau für Büromanagement, beide schwerhörig, waren für zwei Wochen in Helsinki in Finnland.

Hier kommen die drei selbst zu Wort und berichten über ihre Erfahrungen.

Elaine: „Ich arbeitete bei einer Behörde. Es geht um die Nationale Agentur für Sonderpädagogik und Schulen, sie hat die schwedische Abkürzung SPSM.

Die Behörde setzt sich dafür ein, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene unabhängig von ihrer Behinderung, angemessene Bedingungen haben, um ihre Bildungsziele zu erreichen. Zum Beispiel gibt es Unterstützung für besondere Bedürfnisse, Bildung in Sonderschulen, zugängliche Unterrichtsmaterialien.

An meinem Arbeitsplatz wurde ich herzlich empfangen. Alle waren sehr freundlich und hilfsbereit und ich fühlte mich sehr wohl. Dort gab es hörende und gehörlose Mitarbeiter:innen, einige konnten kein ASL (American Sign Language) gebärden. Dadurch lernte ich viele Gebärden der schwedischen Gebärdensprache.

Heimweh hatte ich keins, es fiel mir am Ende sogar sehr schwer wieder nach Hause zu müssen, weil ich Schweden in mein Herz geschlossen habe. Ich wäre gerne noch länger dortgeblieben. Für mich war mein Aufenthalt in Schweden eine unglaubliche Zeit. Ich habe so viel erfahren und lernen dürfen. Ich lernte die Kultur und liebe Menschen kennen, mit denen ich im Kontakt bleiben werde. Ich bin stolz darauf, diesen Schritt gegangen zu sein.“

Lejla: „Ich habe zusammen mit finnischen Schüler:innen und Lehrer:innen alles vorbereitet, vom Standaufbau auf der Messe bis zum Verkauf vom handgemachten Bio-Produkten, die wir Schüler:innen selbst herstellten. In Finnland ist die Ausbildung etwas anders organisiert. Die Schule funktioniert wie ein Betrieb und Schule gleichzeitig und man muss selbst Geld erwirtschaften.

Was ich richtig gut finde, ist das soziale System in Finnland. Dort gibt es eine gute Inklusion, Menschen mit Behinderung im Beruf und im Leben werden auf einem sehr hohen Niveau unterstützt.

Es gibt Schüler:innen, die eine Hörbehinderung haben und gut mit Hörsystemen versorgt sind. Trotzdem bekommen sie immer einen Dolmetscher vom Staat für die Schule, den Beruf oder private Termine zur Verfügung gestellt, damit sie keine Nachteile gegenüber Hörenden haben.“

Johanna: „ Was mich in Finnland sprachlos gemacht hat war:

  • Dort wird schon um 10:00 Uhr morgens zu Mittag gegessen.
  • Jeder Gehörlose hat einen eigenen Dolmetscher.
  • Das Bus-und Bahnfahren ist total einfach.
  • Es gibt dort keine duale Ausbildung, sondern man macht die Ausbildung komplett in der Schule.
  • Auch die einfachen Hostels haben eine Sauna. Dort sind wir jeden Abend rein gegangen, denn bei -3°C Anfang Oktober ist man schon etwas durchgefroren.

Der Arbeitsstil der Finnen ist anderes als bei uns in Deutschland. Sie arbeiten sehr ruhig und lassen sich nicht in Stress bringen. Wenn sie mal einen Auftrag nicht schaffen, dann schieben sie die Arbeit auf den nächsten Tag. Das ist bei uns in Deutschland ganz anders. Hier müssen wir den Auftrag noch zu Ende führen, egal wie spät es ist. Eine echte Herausforderung war es für mich, die finnischen Backrezepte ins Deutsche zu übersetzen, aber es hat geklappt.“

 (Verfasserinnen des Texts: Elaine, Lejla und Johanna)

Mehr Informationen zu einem Erasmus+ Auslandspraktikum am RWB:
E-Mail an:  birghan@rwb-essen.de

 

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